Vor 1904
Nach dem Erwerb der Bruckbachhütte 1872 kauften die Gebrüder Albert und Emil Böhler in den achtziger Jahren des 19. Jahrhundert weitere Baugründe entlang der Ybbs. Dort errichteten sie 1890 das Hammerwerk Sophienhütte und kurz darauf eine moderne Feilenfabrik.
In Folge der Betriebsgründungen wurden bald Wohnhäuser für Fabriksarbeiter errichtet. Nach und nach entstand in Nachbarschafter zu den Fabriksgebäuden eine Siedlung. Dieser Ortsteil der zur damaligen Landgemeinde Waidhofen/Ybbs gehörte, wurde nach seinen Gründern „Böhlerwerk“ genannt. Zum Schutz der Betriebsstätten und der Bewohner entstanden bald Betriebsfeuerwehren. Die Gründung der Betriebsfeuerwehr Bruckbach erfolgte bereits 1883. Im Zuge der Ortsentstehung siedelten sich auch verschiedene Handwerks-und Gewerbebetriebe sowie Wirtshäuser an.
1904
Erfolgte die Gründung des Gesangsvereins „Liederkranz“. Die Proben fanden damals in einer Schusterwerkstätte statt. 1910 wurde der Bau einer „interurbanen“ Telephonleitung“ auf den Sonntagberg geplant. Neben Sonntagberg und Rosenau sollte auch in Böhlerwerk eine öffentliche Telefonsprechstelle im bereits bestehenden Postamt errichtet werden.
1910
Kam es zum Protest der Gemeinde Rosenau gegen die Planung einer Volksschule in Böhlerwerk. Da Schüler umgeschult würden, wurden finanzielle Einbußen für die bestehende Schule in Rosenau befürchtet. Die Schule in Böhlerwerk wurde trotzdem gebaut und 1912 eröffnet. In Folge der Schulgründung wurde auch ein Elternverein installiert. Dieser gewann durch seinen Einsatz für die allgemeine Volksbildung (Bildungsveranstaltungen für die Bevölkerung) an Bedeutung.
Am 30.10.1921
Erfolgte die Eröffnung des neugebauten Ybbssteges Böhlerwerk – Lueg. Finanziert wurde der Bau unter anderem durch kulturelle Veranstaltungen im Ort Böhlerwerk. Zur selben Zeit entstand ein Wasserkraftwerk in Gerstl.
Ab 1924
Die Bewohner Böhlerwerks zeigten sich als eine starke Gemeinschaft und die Zeit war reif für den Weg zur Eigenständigkeit. Am 5.10.1924 wurde der Beschluss zur Teilung der Landgemeinde Waidhofen gefasst. Nach vorhergegangenen schwierigen Verhandlungen kam es zur Abtrennung des Ortsteiles Böhlerwerk. Der Blick war auf die Zukunft gerichtet und der neu gegründeten Gemeinde Böhlerwerk war die Zusammenarbeit und der Austausch mit den Industriegemeinden des Ybbstals von Anfang an wichtig. Der erste Bürgermeister Böhlerwerks war Johann Prinz. Unter ihm und seinen Amtsnachfolgern Rudolf Hofmann, Josef Witrich, Otto Seidenberger und Emmerich Zinner wurde die Gemeinde modernisiert und ausgebaut.
1928
Wurde die Firma „Ybbstaler-Kraftwagen-Unternehmung der Gemeinden Waidhofen Land und Böhlerwerk (YKWU)“für Personentransporte mittels Kraftwagen gegründet. Die Fahrzeuge der Firma verkehrten zwischen den Gemeinden und konnten von der gesamten Bevölkerung benutzt werden. 1929 erfolgte die Eröffnung des „Waldbades“ in Böhlerwerk. Die Gemeindevertretung pachtete eine neben dem „Döllertümpel“ gelegene Wiese und ermöglichte so die Errichtung eines Freibades.
Der bereits 1912 gegründete Kirchenbauverein Böhlerwerk beschloss, nach einem anfänglichen Fehlversuch vor dem 1. Weltkrieg, 1927 erneut mit dem Bau einer Kirche zu beginnen. Am 14.09.1930 wurde die einzige Stahlkirche Österreichs am Standort des heutigen unteren Kirchenparkplatzes von Bischof Michael Memelauer eingeweiht.
1930
Erbaute die „Gemeinnützige Bau-, Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft Böhlerwerk“ einen Wohnhausblock mit 40 Wohnungen. In diesem Gebäude waren auch der Gemeinderatssitzungssaal und die Verwaltungskanzleien der Gemeinde untergebracht. Im September 1931 wurde im selben Haus ein modernes Tonkino eröffnet. Die neu gegründete Wassergenossenschaft Böhlerwerk war für den Bau von Wasserleitungen und die Wasserversorgung in der Gemeinde zuständig.
1938 wurde die Volksschule umgebaut. Sie erhielt ein 2. Stockwerk.
1939 (2. Weltkrieg)
Legte Bürgermeister Otto Seidenberger sein Amt nieder und der Waidhofner Bürgermeister Emmerich Zinner wurde am 01.01.1940 zum Verwalter der Gemeinde Böhlerwerk bestellt. Da das zu kleine Böhlerwerk mit den dazugehörenden Ortsteilen Gerstl und Bruckbach wirtschaftlich interessant erschien, begann ein zähes Ringen, ob diese Gemeinde nun wieder an Waidhofen oder an Sonntagberg angeschlossen werden soll. Letztendlich gelang es dem seit 1938 amtierenden Sonntagberger Bürgermeister Ing. Josef Kaufmann durch Verhandlungsgeschick, die Eingemeindung Böhlerwerks zur Gemeinde Sonntagberg zu erreichen.
Am 29.03.1943
Erfolgte die Übergabe der Gemeindegeschäfte Böhlerwerks an die Gemeinde Sonntagberg. Ab 01.04.1943 stand Bürgermeister Kaufmann der nun entstandenen Großgemeinde Sonntagberg vor.
Aus: Sonntagberg direkt, Ausgabe März 2024